Wie stark soll Affiliate-Marketing in meiner digitalen Vertriebsstrategie gewichtet werden?
Obwohl der indirekte Vertrieb durch Affiliates eine scheinbar unkomplizierte Möglichkeit bietet, die Besucherfrequenz zu erhöhen und den Umsatz zu steigern (können), bleibt das Hauptziel aller Online-Marketingmaßnahmen, die Zielgruppen direkt auf die eigenen Online-Plattformen zu lenken. Ein Partnerprogramm sollte als unterstützende Maßnahme betrachtet werden, nicht als dominierende Vertriebsstrategie.
Die Begründung hierfür liegt in der Kontrolle und Markenbindung. Direkte Interaktionen mit Kunden auf der eigenen Plattform ermöglichen es, die Kundenerfahrung vollständig zu steuern und eine stärkere Bindung zur Marke aufzubauen. Während Affiliate-Programme zusätzliche Reichweite und Umsatzquellen erschließen, ist es für ein nachhaltiges Geschäftswachstum entscheidend, eine loyale Kundenbasis aufzubauen, die direkt mit der Marke interagiert und nicht primär über Dritte erreicht wird.
Auswahlkriterien für Affiliates im E-Commerce
Festlegung von Zielen und Anforderungen
Der Online-Händler, oder Merchant, legt die Kriterien für die Auswahl potenzieller Affiliates fest, indem er zunächst seine Ziele und Anforderungen für das Partnerprogramm definiert. Diese können unterschiedlich ausgerichtet sein:
- Breite Streuung der Werbemittel: Ziel ist es, Aufmerksamkeit zu erzeugen und die Besucherfrequenz zu erhöhen. Dies wird als streuendes Partnerprogramm bezeichnet.
- Cross-Selling mit ergänzendem Leistungsangebot: Hierbei erfolgt eine Verlinkung auf Affiliate-Websites, die ergänzende Produkte oder Dienstleistungen anbieten.
- Thematischer Bezug: Bei contentspezifischen oder contextsensitiven Partnerprogrammen werden Werbemittel auf Websites mit thematischem Bezug platziert, wie z.B. Pflegeprodukte bei einem Beauty Influencer oder Küchenutensilien bei einem Food Blogger.
- Bonusorientierte Programme: Hierbei werden Rabattgutscheine über Portale wie mydealz.de gestreut, um Impulskäufe zu fördern.
Dynamische Provisionierung und Touchpoints
Bei komplexen Kaufentscheidungen, die sich über mehrere Tage erstrecken, werden verschiedene Touchpoints wiederholt aufgesucht. Statt nur den kaufauslösenden Link (Last Cookie wins) zu vergüten, wird heute oft eine dynamische Provisionierung angewandt. Diese berücksichtigt den Beitrag der einzelnen Touchpoints zur Kaufentscheidung, um eine gerechtere Umsatzbeteiligung zu ermöglichen.
Auszahlung der Provision
Die Auszahlung der Provision hängt vom Status eines nicht mehr revidierbaren Kaufs ab und kann erst nach Ablauf der Retourenfrist erfolgen. Bei gesetzlich vorgeschriebenen Mindestfristen bedeutet dies eine Wartezeit von mindestens 14 Tagen. Verlängerte Rückgabefristen des Online-Händlers können den Auszahlungsanspruch weiter verzögern. Dies reduziert das Risiko überhöhter Provisionszahlungen bei Scheinbestellungen. Merchants können aus ihrem Retourencontrolling ableiten, wann der Großteil der Retouren zurückgeschickt wird, um einen Kompromiss bei langen Rückgabefristen zu finden. So könnte eine Provisionsauszahlung nach 60 Tagen erfolgen, um Affiliates nicht durch eine kundenfreundliche Retourenpolitik des Merchants zu benachteiligen.
Beispiel für Affiliate-Marketing im E-Commerce
Bei der bekannten Parfümeriekette Douglas (https://www.douglas.de) profitieren Affiliate-Partner von einer attraktiven Standard-Provision: Sie erhalten 10 % des Warenkorbwerts für jede erfolgreiche Vermittlung. Nachdem eine Bestellung eingegangen ist, erfolgt 30 Tage später ein Abgleich im System. Douglas vergütet alle Käufe, die nicht storniert oder vollständig zurückgesendet wurden. Bei Teilretouren wird die Provision entsprechend dem verbleibenden Warenkorbwert anteilig ausgezahlt. Sobald die Verkäufe bestätigt sind, erfolgt die Auszahlung an den Affiliate über das jeweilige Netzwerk. Für eine nahtlose Integration in die eigene Online-Präsenz stellt Douglas einen Deeplinkgenerator zur Verfügung, mit dem Werbemittel und Codes einfach eingebunden werden können. Der Douglas Online-Shop basiert übrigens auf einem Shopware 5 Cluster.
Optionen für den Aufbau und die Steuerung eines Affiliate-Programms im E-Commerce
Merchants haben zwei Hauptwege zur Auswahl, wenn es um den Aufbau und die Steuerung ihres Affiliate-Programms geht: das Inhouse-Modell und das Outsourcing-Modell. Beide Ansätze können auch effektiv miteinander kombiniert werden.
Inhouse-Modell: Vollständige Kontrolle und Maßschneiderung
- Individuelle Anpassung: Im Inhouse-Modell gestaltet der Merchant sein Partnerprogramm selbst und passt es genau an seine Bedürfnisse an.
- Autonome Entscheidungen: Alle Entscheidungen werden intern getroffen, was eine hohe Flexibilität ermöglicht.
- Ressourcenbedarf: Für die Umsetzung sind finanzielle, personelle und zeitliche Ressourcen erforderlich.
- Einrichtung auf der Homepage: Es muss eine spezielle Rubrik für das Partnerprogramm mit Informationen zu Provisionsmodell, AGBs und Teilnahmebedingungen erstellt werden.
- Kontaktmöglichkeiten und Administration: Es sind Ansprechpartner zu benennen und Kontaktmöglichkeiten einzurichten. Zudem ist ein Affiliate Manager für die Verwaltung und Pflege der Partnerschaften empfehlenswert.
Outsourcing-Modell: Nutzung externer Affiliate-Netzwerke
- Intermediäre Rolle: Affiliate-Netzwerke bringen Merchants und Affiliates zusammen und agieren als Vermittler.
- Beispiel Awin: Mit 270.000 Affiliates und 16.500 Advertisern (Stand April 2023) ist Awin eines der größten Netzwerke.
- Rechercheplattform: Plattformen wie 100partnerprogramme.de unterstützen bei der Suche nach geeigneten Affiliate-Netzwerken.
Finanzierungsmodell und Einnahmenstruktur
- Beim Inhouse-Modell: Der Merchant trägt die Kosten für den Aufbau und die Verwaltung des Programms.
- Beim Outsourcing-Modell: Es fallen Gebühren für die Nutzung des Netzwerks an, aber der administrative Aufwand wird reduziert.
Erweiterte Betrachtung der Einnahmenstruktur und Betreibermodelle im Affiliate-Marketing
Einnahmenstruktur der Affiliate-Netzwerke
Affiliate-Netzwerke finanzieren sich durch verschiedene Einnahmequellen, die sowohl für die Aufnahme neuer Merchants als auch für die laufende Nutzung ihrer Dienste anfallen. Diese Struktur ist entscheidend für das Verständnis, wie Netzwerke profitieren und ihre Dienstleistungen anbieten.
- Set-up-Fees: Einige Netzwerke verlangen eine einmalige Gebühr für die Registrierung eines Merchants, was als Einstiegsinvestition für die Nutzung ihrer Plattform dient.
- Laufende Nutzungsgebühren: Diese regelmäßigen Gebühren decken die fortlaufende Nutzung des Netzwerks und dessen Dienstleistungen ab.
- Provisionsbeteiligung: Netzwerke erhalten einen prozentualen Anteil an den Provisionen, die für jede über das Netzwerk vermittelte Transaktion gezahlt werden.
- Skalierungseffekte: Mit zunehmender Anzahl an Merchants und generierten Transaktionen steigen die Einnahmen des Netzwerkbetreibers, was die Skalierbarkeit des Geschäftsmodells unterstreicht.
- Wettbewerb unter Netzwerken: Um im Wettbewerb zu bestehen als auch um attraktive Partnerprogramme zu gewinnen, bieten einige Netzwerke günstige Konditionen, wie den Verzicht auf Set-up-Fees oder niedrige Nutzungsgebühren.
Kombinierte Betreibermodelle für Merchants
Merchants haben die Möglichkeit, ihr Affiliate-Programm entweder komplett in Eigenregie zu führen oder auf die Dienste externer Affiliate-Netzwerke zurückzugreifen. Viele entscheiden sich für eine Kombination beider Ansätze, um die Vorteile beider Modelle optimal zu nutzen.
- Start in Eigenregie: Ein Merchant kann mit einem kleinen, überschaubaren Partnerprogramm beginnen, das wenige Affiliates umfasst.
- Skalierung über Dienstleister: Bei Wachstum des Programms kann die Verwaltung einer größeren Anzahl kleinerer Affiliates effizienter über ein Affiliate-Netzwerk erfolgen.
- Direkte Betreuung ausgewählter Affiliates: Affiliates mit hohem Umsatzpotenzial können weiterhin direkt betreut werden.
- Einstieg über Affiliate-Netzwerke: Alternativ kann der Einstieg in das Affiliate-Marketing über ein Netzwerk erfolgen, wobei mit zunehmender Erfahrung Teile des Programms in Eigenregie übernommen werden können.
Beide Modelle bieten ihre eigenen Vorteile. Während das Inhouse-Modell eine maßgeschneiderte Steuerung ermöglicht, bietet das Outsourcing-Modell durch die Nutzung externer Netzwerke eine effiziente und ressourcenschonende Alternative. Die Wahl des richtigen Modells hängt von den spezifischen Bedürfnissen und Ressourcen des Merchants ab.